Seite wählen

In der Fremde {Samstagsplausch 38-22}

17.09.2022 | Samstagsplausch

Wie das wohl ist, in der Fremde? So ganz alleine, ohne seine Familie und die besten Freundinnen? Ich kann es mir kaum vorstellen, gehöre ich doch zu den Menschen, die ihr sicheres Umfeld nur für einen Urlaub verlassen würden. Es sei denn, meine Familie würde mich begleiten. Wie ich nun ausgerechnet auf dieses Thema komme, das will ich dir erzählen …

In der Fremde

Seit zwei, drei Jahren, bildet unser Unternehmen vietnamesische Schüler aus. Die jungen Frauen und Männer werden einer Station zugeteilt, einer sogenannten Mutterstation. Aber bis die jungen Menschen so weit sind, müssen sie erst einmal nach Deutschland kommen. Sie müssen halbwegs sicher unsere Sprache sprechen und obendrein sollten sie schon ein bisschen Kenntnis von der Pflege haben. Aber was ich am schwersten finde ist, dass sie sich sicher sein müssen ihre Familie und Freunde zu verlassen. 11.123 km liegen zwischen Hanoi und Berlin. Zu Fuß wäre man ca. 94 Tage und 11 Stunden unterwegs.

Inzwischen haben schon einige unserer vietnamesischen Kolleginnen ihre Prüfungen abgelegt und sie auch meistens mit Bravour bestanden. Sie sprechen ein verständliches Deutsch und sind fast integriert. Aber eben nur fast! Als unsere D. bei uns als Schülerin angefangen hatte, sorgte unsere Oberschwester dafür, dass sie zu einem Weihnachtsfest eingeladen wurde. Nicht auf der Station, nein, bei einer von uns. Ein deutsches Weihnachtsfest mitmachen. Ich fand das eine schöne Idee und D. hatte auch großen Spaß daran. Meine Tochter hat fast dasselbe Alter wie D. und so hatte ich die Idee, die Beiden bekannt zu machen. So in der Fremde, wenigstens einen Menschen zu kennen, der vielleicht ähnliche Interessen haben könnte. Und was soll ich sagen, es hat geklappt. Sie treffen sich nicht oft, schreiben sich aber viel und manches Mal unternehmen sie auch was.

Gestern

Nach einem halben Jahr habe ich es auch endlich geschafft, mit D. ein Eis essen zu gehen. Wir saßen gestern nach der Arbeit in der Sonne und haben über ihre Heimat und das Leben hier gesprochen. Ich ziehe meinen Hut davor, dass sie sich bei uns wohlfühlt. Ein bisschen schmunzeln musste ich dann aber doch, als sie ihren mega großen Eisbecher nicht geschafft hat aufzuessen.
Letzte Woche beging man das Mondfest und wir hatten von D. eine Einladung zum Törtchen backen bekommen. Kleine Mondkuchen mit speziellen Füllungen. Wir fühlten uns etwas in der Fremde, aber das verflog schnell wieder. Wir haben sehr viel gelacht und es hat einen riesengroßen Spaß gemacht, die kleinen Kuchen zu backen. Ein paar bekamen wir auch mit. Die Küchlein sind gar nicht so süß. In Deutschland hätten wir bestimmt mehr Zucker daran gemacht.

Mondkuchen aus der Fremde

Was meinst du, wie würdest du dich fühlen, wenn du in ein Land umsiedeln würdest, dessen Sprache du nur bruchstückhaft verstehst und du die Kultur nicht verstehst. Wenn die Menschen um dich herum laut und schnell reden und auch sonst nicht mit den Menschen zu vergleichen sind, die du aus deinem Land kennst. Ich glaube, ich würde nur weinen.

Wer ständig glücklich sein möchte, muss sich oft verändern

(Konfuzius)

Mehr zu meiner Woche findest du auch hier. Außerdem hat sich Rubi aus ihrem Dornröschen-Schlaf erhoben. Vielleicht hast du Lust vorbeizuschauen …

You are invited to the Inlinkz link party!

Click here to enter


15 Kommentare

  1. Emmes

    Man reagiert immer den Umstaenden entspechend. Ich hatte einen Anker, eine Basis, Wurzeln tief in der Berliner Erde – „born and raised in Berlin“ und habe nie daran gedacht meine Heimatstadt zu verlassen. Nie. Aber manchmal haben kurzbeinige Luegen einen irren Kick und so – von Einem Tag zum Anderen – hatte ich das nicht mehr. Da war nur das Nichts um mich herum. Kein Boden, niemand der Dich faengt, wenn Du faellst. Also bin ich ausgewandert. Weit weg in die Staaten. Wenn schon ’nen neuen Start, dann wenigstens mit viel Sonne und 30 Minuten von Malibu weg. People are people, egal wo man sich befinded. 3 Jahrzehnte, Haus mit Pool, die beste Frau in der Welt, 3 Kinder die mich lieben. Ja, ich hab Wurzeln in LA. Zusammenfassed, haben wir keine Vorstellung von dem, wozu wir faehig sind, bis zu dem Zeitpunk wo wir es einfach tun. Gesundheit, Wohlstand und Froehlichkeit an alle Leser.

    Antworten
  2. Claudia

    Eine interessante Frage, ich konnte es mir für mich nie vorstellen, in einem anderen Land zu leben. Allein schon der Gedanke, meine Familie zurückzulassen, wäre für mich unvorstellbar gewesen.
    Einen schönen Sonntag und liebe Grüße,
    Claudia

    Antworten
  3. Nicole

    Hallo, das ist ein wirklich spannendes Thema. Auch ich könnte mir nicht vorstellen allein in ein fremdes Land zu gehen und ziehe meinen Hut vor allen, die dies auf sich nehmen! toll, dass ihr versucht, diese Menschen zu integrieren.
    Liebe Grüße
    Nicole

    Antworten
  4. Heike

    Liebe Andrea,

    heute hast du ein besonders interessantes Thema gewählt.
    Ich denke, das kommt ganz auf die Umstände an.
    Bin ich jung und/oder gehe getrieben von der Neugier, stelle ich mich auf das Fremde anders ein, als wenn ich aus wirtschaftlichen oder gar politischen Gründen gehen muss.

    Eure D. ist in guter Gesellschaft. Das ist sehr schön und sie wird es bestimmt zu schätzen wissen und in sehr guter Erinnerung behalten.

    Liebe Grüße von
    Heike

    Antworten
  5. Bienenelfen

    Ja liebe Andrea da kann ich jetzt mal aus Erfahrung sprechen denn wir haben ja drei Jahre in Seoul gelebt auch mein Daniel ist dort 1996 zur Welt gekommen. Gut, wir waren nicht ganz alleine so wie Deine Schülerinnen aber dennoch ohne Familie dort und wenn mein Mann im Lande mit den Koreanern unterwegs war war ich auch alleine aber was das Schöne daran war, dass der Kontakt zu den anderen Familien darum viel enger war, jeder hat jedem etwas anderes gezeigt oder auch ausgeliehen oder verkauft wenn er zurück nach Deutschland gegangen ist. Wir haben viel gefeiert und auch viel gemeinsam unternommen so als Familienersatz. Als wir dann hier nach Hessen gezogen sind war das viel viel schwieriger denn hier hat jeder seine Familie und Freunde gehabt und es hat sich niemand um uns gekümmert wir mussten uns alles selbst erarbeiten sozusagen. In ein Ausland zu gehen muss man wirklich wollen und man muss sich auch dort anpassen wollen und die Menschen verstehen wollen dann ist es nicht so schlimm wenn man die Familie nur im Heimaturlaub sehen kann. Ich denke gerne an unsere dreijährige Koreazeit zurück.

    Liebe Grüße
    Kerstin und Helga

    Antworten
  6. jahreszeitenbriefe

    Wie schön, dass sich D. durch euch ein wenig heimatlicher fühlen kann… Die Mondkuchen sehen allerliebst aus. Auf Reisen denke ich immer wieder mal, wenn es aus irgendwelchen Gründen sein müsste oder sollte, könnte ich auch woanders zu Hause sein. Ich hab viel Heimat in mir selbst. Schlimm wäre fliehen zu müssen wie so viele Menschen auf der Welt, und daran, wie ein paar Landsleute zum Teil mit Geflüchteten in unserem Land meinen umgehen zu müssen, werde ich mich nie gewöhnen. Einen schönen Sonntag dir Ghislana

    Antworten
  7. Karin Be

    Meine Mutter hat Zeit ihres Lebens darunter gelitten, dass sie ihre Heimat hat verlassen müssen. Trotzdem hat sie meine Hummeln im Hintern immer unterstützt. Die Familie ist davon ausgegangen, dass ich diejenige sein werde, die einmal ganz woanders leben wird. Es kam anders. Ich blieb, mein Bruder verließ Deutschland. Ich wäre gerne in Skandinavien geblieben, doch meinen damaligen Partner zog es heim. Bleibt das Reisen, das ich generell alleine mache.
    Hut ab vor Menschen, die sich in der Ferne ein neues Leben aufbauen!
    Liebe Grüße,
    Karin

    Antworten
  8. Andrea/ die Zitronenfalterin

    Eigentlich wollte ich immer auswandern. Unsere drei Töchter haben wir mit einem (von ihnen sehnlichst gewünschten) halben Schuljahr im Ausland (USA, Neuseeland, Süd-Afrika) ins kalte Wasser geworfen. Ihre Berichte waren sehr interessant. Ihre Weltsicht hat sich dadurch sehr verändert. So sieht z.B. die Weltgeschichte vom australischen Kontinent vollkommen anders aus, als aus deutscher Sicht. Aber sie wussten ja immer, dass es nach einem halben Jahr wieder heimgeht.
    Meine mittlere Tochter ist mit ihrem amerikanischen Mann in die USA ausgewandert. Nein, sie wird nie eine „richtige“ Amerikanerin, dafür hat sie zu viel von der Welt gesehen (Freiwilligen Camps in Afrika und im Baltikum etc.) . An ihr sehe ich, wie man erst in der neuen fremden Heimat, die alten Traditionen wertschätzt und pflegt.
    Ob ich mir vorstellen könnte, so etwas jetzt noch selber anzugehen? Sieh dich um in der Weltgeschichte. Heute muss man auch bei uns leider damit rechnen, die wichtigsten Sachen zusammenpacken zu müssen und zu gehen. Auch wenn wir uns immer noch gerne unsere alten „Normalität“ zurückwünschen und gern die Augen verschließen.
    Liebe Grüße
    Andrea

    Antworten
  9. nina. aka wippsteerts

    Ein sehr schöner Beitrag!
    In die Fremde ziehen… Für Urlaube durchaus gerne und. Liebsten auch so, dass man dort auch Menschen kennen lernt (was übrigens in Zeiten von Handys und Laptops, welche in den Hostels dann das kommunikative Miteinander abgelöst haben, nicht mehr so einfach ist)
    Aber wirklich fort, dort leben? Loslassen?
    Die Küchlein sehen wunderbar lecker aus
    Liebe Grüße
    nina

    Antworten
  10. nic

    Ich hatte Glúck, dass ich die sprache bereits kannte und den Mann ebenso. GLG nic

    Antworten
  11. Catrin

    Oh, da bin ich aber mal ganz ehrlich: niemals so ganz alleine würde ich in die Fremde ziehen. Mit dem wbLM würde ich mir das überlegen, aber wenn all meine Lieben mitkämen, dann bräuchte es keiner Überlegung mehr, dann würde ich ziehen. 😉
    Ein schönes Wochenende wünsche ich und schicke liebe Grüße,
    Catrin.

    Antworten
  12. Pia

    Ich bin mit jungen Jahren auch in die Fremde und da gab es noch keine Handys und Telefonieren war teuer. Wer kennt denn heute noch das dünne Luftpost Papier, dass die Briefe nicht zu schwer wurden? Aber das war eine sehr schöne Zeit für mich. Heute erlebe ich mit geflüchteten, wie schwer es ist, von seinen Liebsten getrennt zu sein. Du solltest unbedingt das Land von D. kennenlernen, es gehört für mich zu den schönsten.
    L G Pia

    Antworten
  13. Nicole von Hexen und Prinzessinnen

    Puh, ich glaube, ich könnte das auch nicht so ganz alleine. Wir haben früher öfter vom Auswandern geträumt, aber eben nicht alleine. Schön, dass ihr euch D. annehmt und sie so ein bisschen Anschluss hat.

    Ich wünsche dir ein schönes Wochenende.
    LG Nicole

    Antworten
  14. Astridka

    Tja, hab ich früher oft überlegt und bis auf ein Vierteljahr in England in sehr jungen Jahren hab ich es auch nicht geschafft… Ohne meine Sprache fühl ich mich halbiert. Das können/konnten andere in der Familie besser. Ich finde schön, dass ihr den Kontakt sucht und pflegt.
    Ein gutes Wochenende wünscht dir
    Astrid

    Antworten
  15. Regula

    Die Törtchen sind ja meag schön geworden. Die Freundin meines Sohns kommt aus Vietnam, und ich habe letztens einen Mondkuchen bekommen.

    Liebe Grüsse von Regula

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert