Es ist wieder so weit. Der 12tel Blick startet wieder. Ich hoffe, dieses Jahr die Serie voll zu machen. Nicht das wieder irgendetwas Unvorhergesehenes Knüppel zwischen die Beine wirft. Mein Plan ist, dir eine Menge über einen Bezirk meiner Stadt zu erzählen. Dieses Mal habe ich den Bezirk Tiergarten ausgesucht. Geschichtsträchtig, grün, quirlig, Prominent… Ich glaube da kommt einiges zusammen. Ich stehe allerdings auf der Moabiter Seite der Spree und werfe meinen Blick in Richtung Tiergarten.
Tiergarten ist im Grunde ein kleinerer Bezirk, den die Berliner Regierung vor Jahren Mitte zugeschrieben hat. Doch wer in Berlin groß geworden ist, der nutzt immer noch die Namen der eigentlichen Bezirke. Tiergarten grenzt an die Bezirke Moabit (von wo aus ich meine Bilder mache), dem Hansaviertel, das wohl auch zu Tiergarten gehört. Die Spree, Charlottenburg, Schöneberg und Kreuzberg grenzen den Bezirk ein.
Aller Anfang war waldig
Doch fangen wir einfach mal ganz am Anfang von Tiergarten an. Im Jahre 1527 kaufte der Kurfürst Joachim I. der Stadt Cölln den unbebauten Wald westlich vom Brandenburger Tores ab. Damit er seinem Jagdfieber frönen konnte, lies er einen Zaun um das Gebiet ziehen und setzte Wildtiere aus. Der Zaun schützte die umliegenden Felder.
Friedrich I. wollte später eine große Verbindungsstraße vom Berliner Stadtschloss und dem Charlottenburger Schloß haben. Unter den Linden wurde einfach nur kerzengerade eine mächtige Straße gebaut. Langweilig ist anders, denn mitten im Jagdgebiet wurde der Große Stern mit acht zulaufenden Alleen angelegt. Der Enkel Friedrich II, hatte keinen Spaß an der Jagd, weshalb die Zäune verschwanden. Dafür wurden 1742 in seinem Auftrag vom Architekten Knobelsdorff ein Lustpark, mit Beeten, Wasserläufen und Skulpturen, alles für die Bevölkerung zugänglich, angelegt.
Bis in die Puppen
Die Berliner machten am Wochenende gerne Spaziergänge zum Tiergarten. Dabei spazierten sie vom Stadtkern, durch das Brandenburger Tor (s.o.) bis zum Großen Stern. Ein ziemlich langer Spaziergang unter den Linden entlang, durch den Park. Überall im Tiergarten kam man an den besagten Skulpturen und Denkmälern vorbei, die Berliner liefen also bis in die Puppen. Dieses Sprichwort weitete sich auch auf die Zeit aus, also auch wenn man lange unterwegs war, war man bis in die Puppen unterwegs.
Peter Joseph Lenné durfte sich 1833 durfte an dem Park versuchen. Er schuf einen Park nach englischem Vorbild. Die Flächen wurde offener. Bis heute kann man erahnen, wie der Park mal ausgesehen haben mag.
Rund um den Tiergarten entstand ein Siedlungsgebiet, das 1861 eingemeindet wurde. Auf der anderen Seite meines Standortes, entstand das Alsenviertel. Davor war das Gebiet sehr sumpfig, eine Flussaue. Friedrich Wilhelm IV zeichnete eigenhändig Pläne, wie er sich die Bebauung vorstellt. Schinkel und Lenné standen ihm dabei zur Seite. Lange, ein viertel Jahrhundert, blieben die Pläne in der Schublade liegen. Erst 1867 entstand gegenüber dem Alsenviertel der Königsplatz, ein Exerzierplatz ( heute der Platz der Republik). Neben dem Reichstag wuchs die Krolloper in den Himmel (über die Krolloperr werde ich dir demnächst etwas erzählen) und die Siegessäule, die die Nazi’s später auf die Mitte des großen Sterns setzen ließen.
Nebenan gleich Moabit
Für mich gehörte Moabit immer schon zu Tiergarten. Der Tiergarten wirkte immer etwas feiner, Moabit eher bodenständig und als ein Arbeiterbezirk.
Als die Hugenotten nach Berlin kamen, brauchten sie Platz, denn es kamen nicht wenige. Friedrich I von Preußen, gab ihnen gerne das Gebiet neben dem Tiergarten. Sie sollten dort Maulbeerbäume anpflanzen und die Seidenraupenzucht zur Seidenproduktion voranbringen. Der Name Moabit leitet sich wahrscheinlich aus dem alten (französischem) Testament ab: Terra de Moab, weil sie hier ebenso Zuflucht fanden wie Elimelech und die Seinen im Land der Moabiter. Moabit ist vom Wasser umrahmt und man kann diesen Teil Berlins nur über eine der 23 Brücken erreichen. Am nördlichen Teil Moabits entstand ein Industrieviertel mit Eisenbahntrassen und dem Westhafen. Im Osten befand sich eine Kaserne mit Exerzierplatz.
Bis 1920 gehörte auch noch das Hansaviertel zu Tiergarten. 1874 plante und baute die Berlin-Hamburger Immobiliengesellschaft die noblen zweistöckige Häuseransammlung mit Vorgärten. Weshalb dieser Teil Tiergartens das Hansaviertel genannt wurde. Die Straßen zwischen den Häusern wurden nach Dichtern und Städte der Hanse benannt. Drumherum entstanden vereinzelte Gastwirtschaften und Villen. Die Stadtbahn machte es zu einem attraktiven Wohngebiet. Die Bahnhöfe Bellevue und Tiergarten verbanden und verbinden noch immer die Stadtmitte mit Charlottenburg.
Zoologischer Garten im Tiergarten
Im südwestlichen Teil des großen Tiergartens eröffnete 1844 der Zoologische Garten. Es war der neunte Zoo in Europa und der älteste Deutsche Zoo. Der zweite Weltkrieg forderte den Tod vieler Tiere. Ein besonderer Liebling der Berliner hielt durch, das Nilpferd Knautschke. Eine Frau, die erste und einzige Direktorin, Katharina Heinroth war es, die den Zoologischen Garten wieder aufbauen ließ. Heute ist der Berliner Zoo einer der artenreichsten der Welt.
Vor dem zweiten Weltkrieg war der Potsdamer Platz Weltklasse. Verkehrsreich und quirlig ging es hier zu. Ein mega Verkehrsknotenpunkt, wo sich S-Bahnen, mehrere Straßenbahnen, viele Buslinien und U-Bahnen kreuzten. Das Nachtleben in dieser Ecke war legendär. Tag und Nacht brummte es hier ordentlich. Ich denke, dass ich auch darauf noch einmal zurück kommen werde. Stars und Sternchen leuchteten hier in den verschiedensten Lokalitäten.
Jetzt haben wir Tiergarten fast einmal umrundet. Es fehlt nur noch der Teil entlang des 1850 für die Schifffahrt freigegebenen Landwehrkanals. Wohlhabende Bürger ließen sich hier nieder. Die Häuser zeugen bis heute davon. Auch die meisten Botschaften befanden und befinden sich hier.
Nun aber der 12tel Blick: Tiergarten
Der Blick geht also nach Tiergarten. Links sieht man das Paul-Löbe-Haus. Der hässliche Kasten rechts, ist die Schweizer Botschaft und davor kann man den Sitz der Kanzlerin sehen. Geradeaus sieht man den Potsdamer Platz mit all seinen neuen Gebäuden. Auch dazu werde ich irgendwann noch etwas schreiben. Aber jetzt habe ich dir erst einmal genug über Tiergarten erzählt. Meine Bilder verlinke ich bei Eva und ihrem Blog Verfuchst und zugenäht und freue mich auf meine nächsten Bilder.
Boah! Sehr interessant! Und super, dass du dies hier erzählst! Ich war bis jetzt leider nur zwei Mal in Berlin und bin verliebt in diese Stadt. Habe heute bei deinem 12tel-Blick Februar begonnen und hatte den Eindruck, da fehlt mir etwas an Informationen… Wie gut, dass ich noch hier gelesen habe.
Liebe Grüße
Ingrid
Danke, sehr interessant und spannend. Freue mich auf weitere AusBlicke!
Herzlichst, Anna
Vielen Dank für diesen geschichtsträchtigen 12tel-Blick. Ich freue mich schon sehr auf die weiteren Monate. Mein Mann hat viele Jahre in Berlin gelebt, er war dort zu Studentenzeiten Taxifahrer und kennt sich natürlich auch heute noch bestens aus. Es ist schön für mich, deine Geschichten mit ihm zu teilen. Dankeschön.
Liebe Grüße
Anni
Liebe Andrea, ich freue mich sehr über deinen 12tel-Blick und die Geschichte(n), die du dazu schreibst.
Dankeschön. Das hilft mir auch beim Wegträumen, schließlich muss es nicht immer das Meer sein. *zwinker*
Ich bin sehr gespannt, was du noch alles zu erzählen weißt.
Herzliche Grüße
aus dem verregneten Leipzig
von Mira
Das ist ja eingute Idee, auf dem Stadtplan zu zeigen, wo sich dein Blick befindet! Irgendwie kommt er mir sogar bekannt vor, ich muss mal gucken, ob ich von da aus auch ein Foto gemacht habe bei meinem letzten Berlin-Besuch.
Und eine Menge an Information gibt’s auch noch dazu, super!
Liebe Grüße
Christine
Ich war noch niemals in Berlin! Warum weiss ich selber nicht, aber wenn ich Neue Städte besuche mache ich gerne eine Stadtführung. Beim lesen dachte ich sofort, mit Andrea wäre es sicher sehr interessant sich durch Berlin führen zu lassen. Ich werde deine Geschichten verfolgen und freue mich.
L G Pia
Danke, dass du mich an das grässliche Bauwerk in Berlin erinnerst. 😉 Die Schweizer Verantwortlichen scheinen ein morbides Verlangen nach grauem Beton zu haben. Woher das nur kommt? Wieso wurde eine solche Hässlichkeit überhaupt bewilligt? Aber irgendwie hat das Bauwerk visionäre Züge …
Deinen Spaziergang Unter den Linden, Brandenburger Tor bis zum grossen Stern habe ich sogar einmal gemacht.
Eine gute Woche wünsche ich dir.
Regula
Viele meiner Berliner Great Women sind in Tiergarten aufgewachsen, deshalb gehe ich dort öfter auf der Straßenkarte spazieren. Und einer der Friedrischen Maulbeerbäume kommt auch in dem Buch vor, das ich heute vorstelle. Aber Berlin wird mir, glaub ich, nach wie vor ein Buch mit sieben Siegeln bleiben. Zu groß, zu viel Fläche, zu wenig konkrete Erfahrungen…
Aber dein Blick ist schon sehr zentral!
Alles Liebe!
Astrid
Wow! Das war wirklich spannend zu lesen. Ich (Dorfkind) liebe Berlin! Ich war schon oft dort, leider ist jetzt aber eine lange Zeit vergangen und ich würde sehr gerne nochmal anreisen. Warten wir´s ab, wann das wieder möglich sein wird. So lange schwelge ich gerne in guten Erinnerungen. Deinen Blick finde ich sehr gut gewählt. Ich kann gar nicht sagen, was ich so gut finde, aber es ist vielleicht das Ensemble und die klaren Linien. Mal ganz anders als die „Naturblicke“. Freue mich auf mehr.
LG Astrid
das wird ja spannend! Ich freue mich schon auf Bilder und Erzählungen aus Berlin – hab auch eine Weile ganz in der Nähe gewohnt und war viel in der Ecke unterwegs…
Liebe Grüße,
Nanni
Vielen Dank. Ich bin gerne in Berlin und war es unzählige Male. Immer wieder gilt es neues zu entdecken. Deine Einblicke, Erzählungen sind wunderbar. Ich lausche gern. Eine schöne Woche. Lieben Gruß Karolina
Hallo Andrea,
so interessant und spannend hast du Entstehung bzw. Geschichte an deinen 12tel Blick geknüpft – eine tolle Idee, die mir Berlin wiederum näher bringt und die ich gerne weiter verfolge.
Deinen Samstagsplausch lese ich gern und so habe ich mich sehr gefreut, dass es deinem Mann schon viel besser geht, obwohl, wie du schreibst … es noch ein wenig braucht bis er ganz wieder hergestellt ist.
Weiterhin alles Gute für euch und einen gemütlichen Abend, Marita
Ein Berlin-Blick. Wie schön.
Viele Grüße, Angelika
Deinen 12tel Blick mag ich besonders gern. Du schreibst so interessant über „Deine“ Stadt – man merkt, du bist Berlinerin mit Leib und Seele. Ich freue mich schon wieder viel über Stadt, Leute und Geschichte zu erfahren.
Liebe Grüße
Ivonne
Sehr interessant! Bin neugierig wie sich dieser Blick im Laufe der Jahreszeiten präsentieren wird.
LG Petra
Seeehr spannend und extrem interessant! Da kann man richtig in Geschichte eintauchen. Kann es sein, dass sich dein Fotostandort auf einer Brücke befindet? Ich musste gleich mal in die Karte von Berlin eintauchen….
Mal sehen, ob sich im Laufe des Jahres mit gebotenem Abstand die Gestade bevölkern.
Liebe Grüße
Andrea
Ich freu mich sehr, dass deine Berlin-Geshichtsstunden weitergehen! So richtig lauschig schaut dein Jännerbild nicht aus! Aber ich ahne, dass da das Jahr noch Leben reinbringen wird. Freu mich drauf!