Ich hatte ja schon am Donnerstag von der Ausstellung „Läuft“ geschrieben. Ich hatte mich dort mit Carina getroffen und eine toll gestaltete Ausstellung sehen dürfen. Natürlich hätte ich die Ausstellung bestimmt wieder übersehen, dabei liegt das Museum europäischer Kulturen genau vor meiner Haustüre. Na, nicht ganz, ich muss auch noch 7 Minuten dorthin radeln. Aber in Berlin sagt man das gerne, dass er gleich ums Eck liegt. Die Ausstellung „Läuft“ handelt von der Menstruation und wie die Menschen in Europa damit umgehen. Welche Entwicklung das ganze gemacht hat und wie man heute mit diesem genanten Thema umgeht. Immer noch ist es etwas ganz Schreckliches, wenn man seine Regel hat. Die Mädchen schieben sich Binden und Tampons unter dem Tisch zu, als würden sie Drogen austauschen.
Die Ausstellung
Es gab eine Zeit, da wurde ganz sicher gar nicht darüber gesprochen, was „da unten“ bei den Frauen los war. Alles fein versteckt und am besten auch nicht wehklagen, dass frau Bauchschmerzen haben könnte. Was in ziemlich vielen Fällen eine Tatsache ist, die Bauchschmerzen. Im Altgriechischen wird der Uterus auch hystéra genannt. Und davon leitet sich das Wort Hysterie ab, denn nur Frauen können hysterisch werden, so behaupteten die Wissenschaftler des 19. Jahrhunderts. Blöderweise zog sich das bis lange in die 1980 Jahre.
Aber das ist nur ein kleiner Teil, den man in der Ausstellung zu sehen und zu lesen bekommt. Meine Großmutter hatte zum Beispiel noch gar keine echten Hygienevorlagen. Die ließ einfach in eine ihre vielen Unterhosen laufen. Maximal gab es selber genähte, aus und mit Baumwolle, eingeknöpfte Binden. Aber psst, … der Vater darf es nicht wissen. Sehr witzig fand ich, dass man die geknöpften Hosen auch anziehen konnte. Frauen waren nicht leistungsfähig, weil sie menstruierten, weshalb sie nicht studieren durften, geschweige denn einen ordentlichen Beruf erlernen. Mit was für Hindernissen auch noch heute gekämpft werden muss. Hygieneartikel sind so teuer, dass sich so manch eine Menstruierende sich die gar nicht leisten kann und viel zu lange mit den schmutzigen Dingern durch die Gegend läuft. Und hast du dir schon mal Gedanken gemacht, wie es die Frauen machen, die auf der Flucht sind? Die können nicht einfach das Bluten abstellen. …
Was wäre Wenn
Was wäre, wenn ein Mann die Blutung bekommen würde? Wäre dann die Werbung für das Material anders? Die Ausstellung hat dazu ein paar Ideen! Wahrscheinlich wäre es sportlicher, ergonomischer, schneller, strapaziöser. Was meinst du?
Man kann sich die Materialien genau ansehen, hätte ich ein (Vor-) Pubertier würde ich es auf jeden Fall in diese Ausstellung schleppen. Mein persönliches Highlight war ein Bild Trump, das von der Künstlerin Sarah Levymit ihrem Menstruationsblut gemalt worden ist, weil er in einer Fernsehdebatte angedeutet hatte, dass die Moderatorin wohl gerade ihre Periode habe. Aber auch andere Bilder und Sprüche hängen an den Wänden. Wusstest du, dass man nicht schwimmen gehen darf, wenn man blutet? Und dass Tampons nur für Mädchen geeignet sind, die keine Jungfrauen mehr sind? Ach, ich könnte ununterbrochen weiter schreiben.
Ansonsten war meine Woche spannend, interessant, aufreibend und am Schluss mit einem Treffen der Schlemmerstrickerinnen gekrönt. Leider liegt Marion krank im Bett und konnte nicht kommen. Wir trafen uns aber trotzdem und es war, wie es zu erwarten war, wieder ganz toll und lecker. Das Wochenende muss ich wieder arbeiten. Das Wetter würde mich ohnehin nur auf das Sofa verbannen, damit ich meine Lesestapel weiter reduziere.
Vielleicht bist du ja in Berlin und magst dir die Ausstellung ansehen. Das lohnt sich wirklich. Ich werde eine andere Freundin überreden, mit mir noch einmal dorthin zu gehen. Über ihre Reaktion bin ich gespannt.
Brüllt ein Mann, ist er dynamisch, brüllt eine Frau, ist sie hysterisch
Hallo Andrea,
gestern kam ich nur kurz hier vorbei und meinen Beitrag zu verlinken. Heute Morgen mit einer Tasse Cappucchino lese ich sehr interessiert über die Ausstellung.
Als Mutter von unter anderem zwei Mädels spricht es mich besonders an, leider leben wir nicht in Berlin. Ich bin jetzt Ü50 und Menstruation ist nicht mehr so mein Thema, aber es war es viele Jahre. Meine jüngste Tochter hat einen ziemlich offenen Umgang damit, solange Frauen/Mädchen in der Nähe sind. Sie möchte auch vieles Neues, dass ich nicht kannte, ausprobieren. Was sie auch darf, denn sie soll das finden, was für sie das richtige ist. Aber auch hier spielt Geld eine Rolle. Und genau das finde ich echt blöd. Periodenunterwäsche zum Beispiel.
Über Frauen auf der Flucht habe ich mir in diesem Zusammenhang tatsächlich noch nie Gedanken gemacht.
Danke fürs Erzählen.
Liebe Grüße
Britta
Das ist ein Thema, das gerne totgeschwiegen wird. Gut und interessant, dass es nun eine Ausstellung dazu gibt.
In meiner Teeniezeit gab es die Binden „neutral verpackt“ in der Drogerie. Meine Mutter hatte auch noch solche waschbaren aus Trikostoff. Neulich hab ich mit der Tochter darüber gesprochen und sie hat mir berichtet, dass es in Frankreich schon richtig schöne Menstruationswäsche gibt.
Ärgerlich fand ich den Mehrwertsteuersatz bis 2020. Aber es tut sich was. In den 1970er Jahren hattest höchste Empörung ausgelöst, als die „Courage“ das Thema auf dem Titelblatt aufgegriffen hatte – eines, das die eine Hälfte der Menschheit monatlich über Jahrzehnte betrifft.
Nochmals Dank für deine Vorstellung!
🩷lich
Astrid
Hallo Andrea,
wow das ist ein spannender Blogpost. Schade, dass Berlin so weit weg ist. Diese Ausstellung hatte ich mir wirklich sehr gerne angesehen.
Dieses Phänomen, dass Frauen auf Freund ihrer Blutung nicht studieren oder arbeiten können galt in der „besseren“ Gesellschaft. Bei der Landbevölkerung hat keiner gefragt, ob es der Bäuerin oder Magd schlecht geht, die mussten auf’s Feld und ihre körperliche harte Arbeit verrichten. Die haben leider sogar ihre Kinder auf dem Feld geboren…
Wenn menstruieren ein Männerthema wäre, dann würde das an die ganz große Glocke gehängt, da bin ich mir sicher.
liebe Grüße Carolyn
Liebe Grüße Carolyn
Bei mir an der Schule gab/gibt es Binden für die Mädchen im Sekretariat, was gerne angenommen wird, inklusive der Wärmflasche und ein paar aufmunternden Worten.
Ich hatte zudem immer Binden im Pult, gleich neben Papiertaschentüchern.
Richtig ärgerlich machten mich regelmäßig bestimmte Eltern, die nicht wollten, dass ihre Töchter am Sexualkundeunterricht teilnehmen sollen.
Hildegard Knefs Worte sind so treffend.
Liebe Grüße und, trotz Arbeit, ein schönes Wochenende,
Karin
Die Aussage von Hildegard Knef ist Genial und habe ich noch nie gehört. Ja die Zeiten haben sich geändert zum Glück.
L G Pia
Hier gibt es eine Telefonnummer úber die man spenden kann fúr Menstruations-Kits, die an flúchtende Frauen verteilt werden. Die Plakate hángen úblicherweise innen an der Túr óffentlicher Damentoiletten…Unsere Springerkraft schiebt die Tamponschachtel, die ich in unserem Staffroom fúr die Kolleginnen deponiert habe immer unter die Zisterne des WCs, weil sie noch vóllig verklemmt erzogen wurde: Sowas „darf“ niemand sehen. Das Tabu ist nach wie vor stark hier in GB.
Oh, wie bin ich froh, dass dieser Zug abgefahren ist…
Schönes Wochenende, wünscht Dir Heidrun