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Berliner Kodderschnauze {SP 22-23}

03.06.2023 | Samstagsplausch

Kennst du die Berliner Kodderschnauze? Ich bin damit aufgewachsen. Man hört einen Berliner schon meterweit, bevor der überhaupt um die Ecke gebogen ist. Dem Dialekt ist ein harter Unterton angegliedert. Die Sprache klingt ein wenig rotzig, ungehobelt und für mich nach Heimat.

Die Berliner Kodderschnauze

Aber die Berliner Kodderschnauze ist auf dem Rückzug. Wenn man bei uns durch die Stadt läuft, dann hört man immer weniger: „Kickste ma, da hinten!“, „Oda! Watt jeht denn hier ab?“ Icke, dette, kicke ma … verschwindet immer mehr. Und das macht mich wirklich traurig. Obwohl mir mein Oller imma ditt balinan verboten hat, ick mochte es imma! Ich kann es auch sprechen. Wenn wir eine Patientin auf der Station liegen haben, die noch aus dem Kiez stammt, die noch so eine richtje Balinerin iss, dann kommt bei mir auch wieder die Berliner Koddeschnauze hervor. Ich mag auch andere Dialekte, aber Kodderschnauze ist nun mal Kodderschnauze.

Dieses Etepetete-Deutsch ist ja nett, wenn man sich mit „Fremden“ unterhält. Also Menschen die nicht in dieser Stadt geboren sind, die ditt jekoddere nich wirklich fahstehn. Immer wieder höre ich, das Badische hört sich so nett an, das Bayerische hat so ein Klingklang, das Nordische ist ein Ohrenschmaus. Nur das Berlische wird nicht gelobt. Zu hart, zu unfreundlich steht der Berliner da. Dabei sind wir herzensgut, freundlich und hilfsbereit. Immerhin sind wir ein Sammelpfuhl jeglicher Sprachen und Mentalitäten. Und das schon immer. In Berlin loofen alle Stränge zusammen, weshalb unser Dialekt auch sehr farbenfroh ist. Das Französische hat unsere Sprache sehr geprägt, das mochte der alte Fritz doch so gerne. Die Hugenotten, Juden, Polen, alle haben den Dialekt jeprägt. Wer in Berlin gelandet ist, konnte sich schnell verständjen. Hier looft man uffem Trottoir, hier wird nicht rumjeseiert (gemeckert, gelabert), jeht inne Kaschemme (Kneipe) und hat ne Atze und ne Keule (Geschwister).

Dialekt ade

Aber leider ist der Dialekt tatsächlich am Aussterben. Wenn es tatsächlich noch Berliner gibt, die ordentlich koddern, dann werden sie schräg angeschaut. Mit so einer Sprache kommt man nicht weit. Wenn man im Badischen, im Bayerischen oder Pfälzischen kein Hochdeutsch kann, wird man nicht so schräg angeschaut. Liegt vielleicht auch an der Klangfarbe des Dialekts. Schade.
Doch als wir die Tage am See waren, konnt ick mir een Grinsen nich fakneifen. Da saßen sie, die Brandenburger/Berliner und kodderten laut und deftig vor sich hin. Ick wees. Ditt hörta nich jerne, aber icke schon. Dette is Balin, ditte ist Brandenburch, Ditte is meene Stadt! Und wenn es jeht, dann kodder icke mit, denn jenieße ick dett ick nich aleene bin. (Übrijens je dichter een Brandenburjer an Balin wohnt, umso mehr ziehen die Dialekte jleich)

Es wird immer gleich ein wenig anders, wenn man es ausspricht

(Hermann Hesse)

 

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21 Kommentare

  1. Sandra

    Wenn’s dich tröstet, das mecklenburgische Platt verschwindet auch immer mehr. Wir haben eine Berliner Schnauze bei uns in der Tageseinrichtung und immer wenn sie redet muss ich an den besten Freund meines Papas denken. Der ist auch noch vom alten Berliner Schlag. Übrigens mit einer Mecklenburger Deern verheiratet.
    Meine kleine Berlinerin versteht mich oft nicht. Ich rede ihr zu schnell. Und dabei wird uns Mecklenburgern doch nachgesagt das wir schnell reden und dabei määähren. 😂

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  2. Friederike

    Leider ist es auch bei uns in Wien so, dass man den ur-wienerischen Dialekt und die weiche Sprachfärbung immer weniger hört. Es ist oft so bundes-hochdeutsch (Entschuldigung!) und türkisch-neuwienerisch gefärbt :-(((
    Eine Entwicklung, die mir nicht gefällt, aber was kann man machen. Die Medien haben viel Einfluss…

    Habe mich bei Besuchen in Berlin übrigens immer sehr wohl gefühlt! Wien und Berlin sind einander nicht so unähnlich, waren beide lange Zeit Hauptstadt eines Weltreiches und Zentrum von Fortschritt, Geist und Kultur. Die große Masse an „einfachen“ Menschen hat die großstädtische Atmosphäre und den Dialekt mitgeprägt….
    lg

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  3. nina wippsteerts

    Also mein Mann ist ja ab und an beruflich in Berlin und mag Euern Dialekt sehr (und die Art dahinter, wenn Du verstehst)
    Überall sind Dialekte und „alte Sprachen“ auf dem Rückzug. Auch das Plattdeutsch in meiner Geburtsheimat, dass wurde im letzten Jahrhundert verboten und nun ist es nur noch ein Hobby, wenn es jemand noch kann. Aber auch hier wird kaum noch Bönsch und Kölsch gesprochen.
    Ich selber habe, wenn Du so schriftlich berlienerst, immer die Geschichte von Emil und die Detektive vor Augen. Wenn das mal nicht eine schöne und gar nicht harte Assoziation ist 🙂
    Liebe Grüsse
    Nina

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  4. sunni

    Hach, Andrea, det glob ik! Ich hatte ja ausgiebig Zeit, den Dialekt zu genießen und finde ihn eben neben ein wenig rotzig oder knallhart auch ausgesprochen ehrlich und lustig. In der KHZeit meines Mannes hatte ich ein paar Behandlungen, da warnte mich der Physio: Vor der Tür wartet so ein richtig oller Berliner, passen Sie auf, da kommt etwas, wenn Sie rausgehn…und prompt lehnte der alte Herr mit Bäuchlein und Hosenträgern sich zurück und sprach: Wat isn det für ene, die redet ja ohne Ende. Det jeht nich, ik schlaf hier… Und da fiel es mir so zu und ich sprach: Und? Jut jeschlafen?…. Und dann war ich ganz schnell weg. Ne, ik find den jut, den Dialekt. Wenn mein Enkel seine Mutter ärergn will, berlinert er auch…:-))) Wir selbst wurden immer von der aus Braunschweig stammenden Großmutter zu klarem Hochdeutsch erzogen,wenngleich viele meinen einen hessischen Grundton zu hören, denn da gehörte der LK ja eigentlich hin.Liebe Grüße aus der Heimat seit gestern! Sunni

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  5. Bienenelfen

    von Helga:

    Liebe Andrea,

    Ha, ha, welch interessantes Thema. Da ließe es sich trefflich klönen 😅 darüber.
    Ich mag balinerisch unglaublich gern, auch schwäb. gefällt mir mit dem Satz: i schlag da an de Backe na. Unserem fränkisch, na ja, müßen wir zwangsläufig zugetan sein, unsere Nachbarn Oberpfalz und auch das niederbayerische mögen wir sehr. Mein Stiefvater kam damals 1945 als Flüchtling aus Stettin, frei und kinderlos und Mama fand ihn toll zum heiraten, so hatte ich Zugang zu Preussen und da hieß es dann bei Kindern ihr Lorbasse oder wenn Besuch oder Nachbarn kamen, jetzt gibt es erstmal ein Schlubberchen. Jedem Tierchen sein Plaisierchen und Dir und allen Mitlesern ein sonniges Wochenende. Ich hab stets einen Koffer in Berlin, weil ich die Stadt sehr mag und schon viel dort erlebt habe. Allerdings in den Jahren wo ihr noch nicht geboren ward.

    Grüße von Helga

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  6. Burglind Moll-Ebel

    Liebe Andrea,
    ich komme gebürtig aus dem Sauerland und lebe seit über 37 Jahren am Bodensee und habe hier anfangs die Einheimischen nicht verstanden da in KN badisch und ein wenig schweizer Dialekt gesprochen wird. Inzwischen verstehe ich alles nur wenn ich am Telefon bei der Arbeit bin, hört jeder noch immer heraus, dass ich nicht von hier bin. Daheim haben wir eigentlich immer Hochdeutsch gesprochen, Mama aus NRW, Papa aus Hessen und ein paar Brocken Ruhrpott fließen da immer noch mit rein.

    Liebe Grüße
    Burgi

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  7. Karin Be

    Ich bin zwar in Schwaben groß geworden, aber schwäbischen Dialekt kann ich nur in Teilen verstehen, alleine schon dadurch, dass es da auch noch Unterschiede gibt. Der Schwoob von d’r Alb ra schwätzt ned so wie oiner aus dem Gäu. Allerdings hört man es wohl an meiner Klangfarbe beim Sprechen, dass ich aus dem Ländle bin.
    Mutter aus der Oberlausitz, Vater aus dem Harz und in einer neugebauten Flüchtlingssiedlung in den 1960ern aufgewachsen hatte ich zudem fast keinen Kontakt mit Einheimischen. Die möchten uns als Nei-G’schmeckte sowieso nicht.
    Die Kodderschnauze gehörte zu meiner Kindheit, denn Mutters Familie lebte zum größten Teil in Berlin und vor allem ein Onkel ist mir so in Erinnerung, dass mir sofort ein Grinsen im Gesicht steht 😀 Mutters Onkel Kurt aus Spandau, geboren in Charlottenburg und dazu eine Reihe Tanten. Die Kodderschnauze hat was grundständig ehrliches, meiner Meinung nach.
    Gemocht hatte ich auch das rheinische Platt meines Schwiegervaters, auch wenn ich es nicht verstehen konnte. Das sprechen auch nicht mehr viele.
    Rede weiter, wie dir der Schnabel gewachsen ist.
    Viele liebe Grüße,
    Karin

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  8. Chrissi

    Ich merke immer nur, wenn ich „woanders“ bin, wie ich berlinere und mir ist es dann fast unangenehm, dass man gleich merkt, wo ich herkomme, obwohl es ja nichts Schlimmes ist.

    Schlimmer finde ich, dass so Viele in Berlin wohnen, arbeiten, studieren – was auch immer – und von mir erwarten, dass ich englisch spreche.

    Ne, will ick nich.

    LG Chrissi

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  9. Astridka

    Ach, Dialekte werden immer und schon lange runtergemacht… Hast du bei mir nen entsprechenden Einschlag je wahrgenommen? Ich hab mir meinen – eine Art Mainfränkisch aus Nordbaden – als Kind regelrecht abtrainiert, nachdem wir im neuen Wohnort als doofe Bayern von den anderen Kindern verunglimpft wurden. Das war 1960. Toleranz ist in diesem Land immer schwer gefallen. Wenn nicht gegen Ausländer, dann eben gegen „Lansmannschaften“. Das Bittere: Ich hab den Dialekt auch nie mehr im Heimatdorf gesprochen, so einen inneren Widerstand hab ich da verspürt. Kölsch kann ich nicht wirklich sprechen, hab eher manchmal so ein paar Ausdrücke auf Lager, weil ich finde, dass dieser Dialekt Gefühle oft präziser beschreibt. Das richtig tiefe Kölsch stirbt auch aus. Eigentlich macht mich dieses Thema jetzt etwas traurig.
    Hab dennoch einen schöner berlinischen Frühsommertag!
    Astrid

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    • Andrea Karminrot

      Das Berlinische beschreibt auch sehr viel deutlicher ein Gefühl. Schade das man sich die Dialekte abgewöhnt.

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  10. Nanni

    Ich mag euren Berliner Dialekt sehr gerne!
    Aber auch hier in Franken ist der Dialekt am Zurückgehen und ich merke bei mir selbst, dass es kaum Gelegenheiten gibt, so richtig fränkisch zu sprechen – meistens komme ich mir komisch und fehl am Platz vor… echt schade!
    Schön, dass du zumindest ab und zu noch zum sprechen kommst!
    Hab ein schönes Wochenende,
    liebe Grüße
    Nanni

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  11. Nicole von Hexen und Prinzessinnen

    Guten Morgen, oh ich liebe den Berliner Dialekt. Hatte mal einen guten Freund und dem hätte ich stundenlang zuhören können.
    Aber glaub mir, wenn du in den Großstädten von Bayern unterwegs bist, München zum Beispiel und einen niederbayerischen Dialekt sprichst, dann wirst du doof angeschaut, einen Berliner Dialekt finden die cool.
    Unser Dialekt ist auch am Aussterben, weil man eben gefragt wird, von welchen Kuhdorf man kommt. Meine Kinder können den Dialekt auch nicht mehr. Obwohl ich das schade finde, habe ich das bewusst so gemacht, denn ich habe mich damals, als ich in München gewohnt habe, echt schwergetan, immer Hochdeutsch zu reden, weil den niederbayer.Dialekt ja keiner mehr verstanden hat oder man eben doofe Sprüche hören musste.
    Ich wünsche dir ein schönes Wochenende und LG
    Nicole

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  12. JANI

    Nicht hart und nicht kodderich , aber mir wird immer gesagt , man höre wo ich her komme . Ich merke das garnicht , wie ich berlinere 😊
    Schönes WE
    LG JANI

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  13. Susana

    Alles Liebe und ein schönes Wochenende,
    Susana

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    • Karo

      Hospiz in einem berliner Kiez -ich berufspraktikantin mit 54 ….ein Patient lässt keinen an sich heran zur Pflege ect …als ich nach 3tagen in der Übergabe berichte was alles pflegerisch Möglichkeit große Skepsis …nee habt einfach …hab mit ihm in seinem ,schargong“ besprochen …waren uff ene Stufe …dit hat jeholfen 😌nur meen jebildtetes jequtsche war perdü

      In einem Büchlein über den Berliner Dialekt stand: das berlinische wird für proletarisch eingeschätzt …in Westberlin daher verpönt …in Ostberlin und Brandenburg so natürlich wie andere Dialekte in ganz Deutschland 🇩🇪

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      • Andrea Karminrot

        Auch in Westberlin haben wir berlinert.
        Stimmt! Wenn de mitte Ollen so redest, denne kommste och besser anse ran. Jeht mir och oft so! 😁

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  14. Regula

    Dialekt in der Schweiz ist stark. Natürlich gibt es Verschleifungen, aber in gewissen Regionen bleibt wirklich alles beim Alten. 😉

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    • Andrea Karminrot

      Ja. Das euer Dialekt gehört auch zu den „Hübschen“ das Berlinern ist in den meisten Ohren einfach nicht gefällig 🤷‍♀️

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      • Regula

        Es gibt ja da auch ein Ranking. 😉 Mit meinem gewinne ich nicht.

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  15. // Heidrun

    …wie anderenorts ebenfalls der Dialekt verschwindet. Schade!

    Liebe Grüße von Heidrun

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