Sein Inneres nach außen zu kehren, das ist nicht leicht, oder? Also mir fällt es schwer zu sagen, was mir auf dem Herzen liegt und, oder was mich belastet. Ich druckse herum und mag mich einfach nicht umkrempeln und sagen, was mir auf der Seele liegt. Ich könnte mein Gegenüber ja vor den Kopf stoßen, das Herz brechen oder den Menschen verletzen.
Mein Inneres nach Außen krempeln
Mein Kerl ist vor vier Wochen gestürzt und hat sich den Fuß verdreht, er soll den Fuß hochlegen, nicht so viel herumlaufen, kühlen und eben still halten. Er hat einen Stützschuh erhalten und wenn wir doch irgendwohin müssen, dann helfe ich ihm in den Schuh, fahre ihn hin wohin er auch immer muss, nehme ihm einfach viel ab und erwarte gar nichts. Aber das schränkt mich in meinen Aktivitäten ein. Ich verzichte auf Treffen mit den Freundinnen, mache nicht das, was ich mir vorgenommen habe. Ich gucke immer wieder, dass er es gut hat und nehme ihm so viel ab wie es geht. Natürlich macht er nicht viel. Denn er soll ja still halten! Ganz nebenbei gehe ich arbeiten und mache den Haushalt und immer mehr geht mir diese Situation einfach auf die Nerven. Eben, weil alles an mir hängen bleibt …
Und dann kommt der Moment, an dem ich mein Inneres nach Außen stülpe und sauer werde. Mal alles herauslasse. Und natürlich ist das ungerecht, denn er kann ja gar nichts dafür! Denn ich bin selber Schuld. Mein Helfersyndrom schlägt da nämlich voll zu. Ich versuche eben alles gutzumachen. Der Arme muss ja den ganzen Tag zu Hause herumhängen. Aber das fühlt sich für mich falsch an, denn ich habe schließlich auch das Recht auf „Leben“. Er hat es nicht verlangt, dass ich das alles mache, will ich an dieser Stelle noch einmal betonen, das habe ich mir selber auferlegt! Da muss ich mich selber ändern, da muss ich an mir arbeiten … Kennst du das auch? Ist das ein Frauending, diese Selbstaufgabe?
Schnell stricken
Wir sind auf eine Hochzeit an diesem Wochenende eingeladen. Dafür habe ich mir eine hübsche Leinenhose gekauft und Wolle, aus der ich mir das Camisol No. 9 stricken wollte. Ach, du liebes Bisschen! Da habe ich mir aber was eingebrockt. Mal abgesehen davon, dass ich erst auf der Jagd nach dem richtigen Garn unterwegs war, musste ich mit kleinsten Nadeln schnell stricken. (Einer der wenigen Ausflüge, die ich ohne den Kerl gemacht habe, um mal den Kopf freizubekommen!). Die Hochzeit steht ja schon bald an. OK, 14 Tage für das Teilchen ohne Ärmel sollte doch machbar sein. Ich habe es geschafft! Das Hemdchen ist fertig und ich kann es heute anziehen. Jetzt muss nur noch das Wetter mitspielen und ich bekomme vielleicht exklusive Fotos. Übrigens sind da Passagen gewesen, bei denen ich auch bei dem Strickstück das Innere nach Außen gekrempelt habe.
Und sonst?
Meine Woche war voll. Ich habe gefühlt jeden Tag gearbeitet, hatte keine Zeit für mich (s.o.), war mit dem Kerl ein Outfit für die Hochzeit kaufen, habe gestrickt, nichts gelesen, mit der Tante telefoniert (was ich schon ewig vor mir hergeschoben habe), war mit der Schwester beim Pilates und mit dem Hund spazieren. Ich war mal wieder beim Friseur und froh darüber, dass er immer noch gut schneidet. Hatte einen schönen Abend mit den alten Nachbarn, war mit dem Kerl einen leckeren Hamburger essen … Wenn ich das jetzt so zusammenschreibe, stelle ich fest, dass ich mir wohl doch ab und an ein wenig Auszeit genommen habe, die aber scheinbar nicht ins Gewicht gefallen ist. So ist das dann immer. Vielleicht sollte ich doch wieder Tagebuch schreiben! Und dann möglichst eine Spalte für all die guten Dinge des Tages einfügen. Dann sieht man auch, dass es alles gar nicht so schlimm ist wie man denkt.
So, ich muss mich jetzt für die Hochzeit fertig machen. Es geht bald los und ich möchte noch meinen Kaffee in Ruhe trinken.
Wie ist das bei dir? Platzt du immer gleich mit deinen Gefühlen heraus oder sammelst du, bis du explodierst? Oder machst du das mit dir alleine aus und krempelst nie dein Inneres nach Außen?
„Unser Leben ist das Produkt unserer Gedanken“
Marcus Aurelius
oO. Gut, dass Du durch das Blogschreiben noch ein wenig reflektieren konntest.
Aber ich tendiere auch dazu, zu sammeln. „ist doch nix“, nur dass sich die Kleinigkeiten sammeln.
aber man kann ja besser werden 😊
Hab ein schönes Hochzeitsfest
Liebe Grüße
Nina
Liebe Andrea,
Helfersyndrom kenne ich und habe es mir abtrainiert. Natürlich nicht ganz, aber schon sehr drastisch.
Dieses Gefühl nicht einen Moment für mich zu haben kenne ich auch. Daher führe ich tatsächlich Tagebuch.
Das hilft dann wiederum auch dabei mein Inneres zu sehen, bevor ich es in einem Wutanfall nach Außen kehre. Ich bin da deutlich ruhiger geworden, aber trotzdem gerne noch laut und wütend
Keine Zeit für dich, aber ein Outfit Stricken. Grins
Ich bin schon ganz gespannt auf die Bilder.
Liebe Grüße
Britta
Wie das so ist, dass habe ich ja ein paar Jahre praktizieren dürfen… Es ist sicher ein weibliches Konzept, teils aber auch eine Charakterfrage. Ich könnte nicht anders und würde mich mit mir selbst nicht mehr wohl fühlen. Nun hat sich DAS Problem ja auch für mich erledigt, habe ich alle Freiheit der Welt und kann immer wieder gerne etwas abgeben und mich in einem sozialen Netz zeitweilig einbringen. Je älter ich werde, taucht aber auch immer wieder in den Gedanken auf, was ist, wenn ich so abhängig werde? Das macht durchaus Angst & ist kein angenehmes Gefühl. Ich muss jedenfalls viel darüber simelieren.
Dir und deinem Mann alles Gute!
Astrid
Liebe Andrea,
na das ist alles auch irgendwie gerade ein bisschen viel, aber ich bin da auch der falsche Typ für Ratschläge… Ich kehre mein inneres nicht mehr nach außen, das habe ich irgendwann sein lassen, ich bin mittlerweile der Typ Schneckenhaus- ich verkrieche mich wenn alles zu viel ist und bin einfach allein mit mir.
Das ist aber auch nicht gut 😔
Das stimmt, ABER ich hab auch nicht behauptet das es gut wäre… jedoch verändert man sich im Leben und manchmal bekommt man dann Angewohnheiten (Schneckenhaus) die zwar nicht gut sind, aber dennoch der Seele helfen….
Liebe Andrea, da hast du im Moment aber eine Menge zu schultern!
Kein Wunder, dass dann irgendwann das Ventil aufgeht und du Dampf ablässt. Das ist wahrscheinlich reiner Selbstschutz und auch wirklich in Ordnung!
Wie schön, dass du den Camisol noch geschafft hast, auch wenn das Stricken in time natürlich noch zusätzlich Stress gemacht hat.
Ich wünsche dir einen schönen Tag bei der Hochzeit und eine gute nächste Woche, LG, Monika (aka Lilamalerie)
Liebe Andrea,
du wirst vielleicht schon unterwegs sein. Ich mag dir hier doch ein paar Gedanken hinterlassen. Ich kenne das, was du beschreibst sooo gut, als hättest du über mein Leben geschrieben. Ob es ein Frau7ending ist, weiß ich nicht. Ich glaube nicht, denn mein Sohn ist auch so und RoHen wohl auch. Er explodiert nicht einmal, futtert alles in sich hinein. Der Sohn explodiert, ich auch, aber nie den Menschen gegenüber, die uns gerade nerven, denn, wie du auch geschrieben hast, diese können nichts dafür, weil wir selbst uns diese Pflichten auferlegen. Der Sohn poltert dann mich voll und sagt hinterher oder zwischendurch: „Mutsch, es hat nichts mit dir zu tun. Dich hab ich lieb.“ Ich bin sozusagen der Blitzableiter. Und ich finde, genau den braucht man. Unbedingt.
So, wie Heidrun geschrieben hat, Selbstfürsorge, dafür sorgen, sich in der eigenen Haut wohlzufühlen.
Das ist gar nicht so einfach. Ich habe festgestellt, dass es nicht reicht, am Ende einer Woche zu sagen: „Ach, ich hatte ja doch ein paar kleine Auszeiten.“ Da fühlt man sich womöglich noch schlechter, weil der Kopf weiß, man hatte Auszeiten, der Seele aber fühlt es sich nicht so an. Vielleicht, weil es zu wenige waren oder zu kurz oder zu unbewusst.
Vielleicht ist das mit dem Tagebuch eine gute Idee.
Erst einmal wünsche ich dir aber eine tolle Auszeit bei dieser Hochzeit. Und ich bin sehr gespannt auf Fotos von deinem tollen Oberteil. Und überhaupt bin ich gespannt.
Ganz liebe Grüße
Mira
Klösse die im Hals stecken bleiben neigen dazu daran zu ersticken!!! Darum ist es gut wenn man darüber redet, bevor es eskaliert und das befreit.
Heute wünsche ich euch allen einen schönen Tag und feiert das Hochzeitspaar gebührend. Auf die Fotos von deinem Outfit bin ich gespannt.
L G Pia
Oh… In der ehrenamtlichen Selbsthilfe, in einem Seminar, lernten wir Teilnehmer zunächst über die Selbsthygiene. Sorge dafür, sich physisch wie psychisch wohl in der eigenen Haut zu fühlen.
Gute Besserung und liebe Grüße von Heidrun