Seite wählen

Leben und Tod {Samstagsplausch 24-21}

25.05.2024 | Samstagsplausch

Wie dicht liegen oft Leben und Tod beieinander? Manchmal staunt man nur, wie schnell es geht, dass jemand stirbt und manchmal wundert man sich, wie schnell wieder neues Leben entsteht.

Leben und sterben

Es ist noch gar nicht so lange her, da haben wir einen Freund beerdigen müssen. Gestern war ich bei der nächsten Beerdigung. Mein alter Chef der Kardiologie. Ein Mann, der nicht genug von seiner Arbeit bekommen konnte, ein Kardiologe durch und durch. Aber auch ein Mensch, der seine Familie sehr geliebt hatte, der mit seinen Enkelkindern im Garten getobt und sogar auf Händen gelaufen ist, wie man gestern erfahren hat. Es war eine wunderschöne Beerdigung. Es gab einige, die noch etwas zu sagen hatten, die ihn gut kannten und die so zu Tränen gerührt waren, dass sie kaum ihre Stimmen fanden. Er war schon ein besonderer Mediziner und hat einiges in die Wege geleitet, wovon unsere Stadt heute noch profitiert. Er hatte einmal gesagt: „Das süßeste, was er hören mag, ist seinen Namen“ So oder so ähnlich …

Ich bin ein Mensch, der gelernt hat, seine Gefühle nicht immer zur Schau zu tragen. Ich kann mich wirklich zusammenreißen und man sieht bei mir keine Träne fließen, aber wenn ich die Tore aufmache, dann könnten sie sich zu reißenden Flüssen verwandeln. Kurzfristig hatte ich den Verdacht, die Tore würden aufgerissen.

Mitgenommen

Mich hat die Veranstaltung doch sehr mitgenommen, mehr als ich mir selber zugestehen mag. Ich habe dem Kerl gestern Nachmittag noch einiges erzählt, was ich am frühen Vormittag erlebt habe. Er sagte nur, du wirst bestimmt davon träumen und er hatte recht. Nicht das der Mann gestorben ist, sondern das, was ich alles mit ihm erlebt habe, denn immerhin war er lange Zeit mein kardiologischer Chef. Er liebte seine Hertha und die Jungspieler wurden bei uns auf Herz und Nieren geprüft, ob sie dem Stress auf dem Platz gewachsen sind.
Er war federführend in der ganzen Stadt Defibrillatoren aufzuhängen, damit man jederzeit überall dem Herzinfarkt die Stirn bieten kann und er förderte die Laienreanimation. Der Prof. war Vorsitzender der Herzstiftung und auch da hat er so manches bewegen können. Ja, ich bin stolz, dass ich ein Teil seines Teams war. Und dass er mir an meinem Geburtstag auf dem Klavier ein Ständchen gebracht hatte. Eine Situation, die ich niemals vergessen werde.

Und sonst?

Meine Woche war nicht oder doch ganz schön aufregend. Ich bin mit dem Rad durch die Stadt gefahren und habe mir den grünen Kunstrasen vor dem Brandenburger Tor angesehen. Kunstrasen, … Mal ehrlich! Was soll das? Am Ende soll der Rasen an verschiedene Einrichtungen gestiftet werden, immerhin.
Ich habe Freundinnen besucht und in Wolle gewühlt. Bei einer anderen Freundin habe ich im Garten gesessen und die Sonne genossen und die guten Gespräche mit ihr. Ich bin mit dem Hund gegangen und musste feststellen, dass ich immer noch einiges an Schmerzen habe. Der Monsterjunge war bei uns zu Hause und hat mir Übungen gezeigt, die ich machen muss, damit ich weniger Probleme habe. Ich bin wirklich sehr gespannt, was mich hier quält! Vielleicht weiß ich am Montag mehr.

Und nun am Wochenende? Ich habe wieder keinen Plan. Wahrscheinlich eher etwas, wo ich nicht allzu viel laufen muss. Vielleicht schauen wir uns bei dem DemokratieFest um. Oder ich überrede den Kerl an einen See zu fahren, dann kann ich an meinem Pullover weiter nadeln. Oder Nachschub an Bakers Twine stricken. Aber wofür auch immer wir uns entscheiden, es wird ein schönes Wochenende.

 

Man braucht nichts im Leben zu fürchten, man muss nur alles verstehen

(Marie Curie)

You are invited to the Inlinkz link party!

Click here to enter


8 Kommentare

  1. Anita

    Liebe Andrea,
    Freud und Leid liegen so oft so nah beieinander. Wie traurig, dass dein Chef nun auf die andere Seite des Weges gehen musste, wie schön aber auch, dass du und so viele andere sich mit Freude und Liebe an ihn erinnern. Dass dich solche Schmerzen quälen, ist sehr unschön, ich hoffe, es findet sich bald eine Lösung, zumindest Linderung. An einen See zu fahren, klingt nach einem herrlichen Plan, die Demokratie feiert sich auch ohne dich bei dem ganzen Trubel in der Stadt. Rausfahren und die Seele baumeln lassen, ist bestimmt die noch viel schönere Idee für dieses Wochenende.
    Herzensgrüße
    Anita

    Antworten
    • Mesalunita

      Deine Woche war ja nicht sehr schön. Das tut mir leid. Ich würde dir ja gerne meine volle Woche zeigen, allerdings verstehe ich das mit dem Inlinkz nicht so wirklich. Vielleicht kannst mir das ja mal erklären 😉

      Antworten
  2. Britta

    Liebe Andrea,

    ich bin dieses Wochenende eh etwas emotional, daher haben deine Worte mich zu Tränen gerührt.

    Liebe Grüße,
    Britta

    Antworten
  3. niwibo

    So sympathische und engagierte Menschen möchte man gar nicht gehen lassen, die fehlen und könnten noch so viel Gutes tun. Und so alt war er ja noch gar nicht…
    Ich kann Dich verstehen, dass Du von ihm geträumt hast, so verarbeite ich auch alles.
    Hoffentlich weißt Du bald, was Dich so quält, Schmerzen sind einfach sch…. sie schränken so ein.
    Trotzdem wünsche ich Dir einen wunderbaren Sonntag im schönen Berlin, lass Dich nicht unterkriegen, liebe Grüße
    Nicole

    Antworten
  4. nina wippsteerts

    So schöne Zeiten, so viele Erinnerungen – die jetzt nicht mehr erweitert werden können. Der Prozess des Loslassens dauert s3o lange und ist schmerzhaft. Aber wie viel würde uns fehlen, den Mens3chen nicht gekannt zu haben! All diese Erinnerungen lass3en den Menschen fortsetzen, sein Vermächtnis bleibt. Und ist das nicht wundervoll? Wer schöne Wege gestaltet hat, hinterlässt uns auch wunderbare Wanderungen.
    Aufmunternde Grüsse
    Nina

    Antworten
  5. Astridka

    Erinnerungen können einen lächeln lassen, aber auch oft traurig machen. Letzteres passiert mir in jüngster Zeit wieder mehr. Das kann auch schöne Ereignisse auf einmal in einem anderen Licht erscheinen lassen. Ich fühle mich oft zufrieden mit meinem jetzigen Leben. Und dann vermisse ich auch wieder das, was ich verloren habe. Ich glaube, auch das ist Alter.
    Toll, dass du so einen großartigen Chef hattest und er in deinem Gedächtnis weiterleben kann. Zeugnis ablegen können, hält einen Menschen doch irgendwie lebendig.
    Ganz liebe Grüße!
    Astrid

    Antworten
  6. Mira

    Liebe Andrea, gerade in den letzten Monaten war ich bei mehreren Trauerfeiern, unter anderem bei meiner Mutti. Was ich dabei als besonders angenehm empfand, waren die Reden, die, ganz anders, als ich es von früher kannte, den Menschen in Episoden noch einmal aufleben ließen, so dass man sich an diese mehr erinnern kann, als daran, dass er nicht mehr da ist. Es scheint, dass du dies bei deinem Prof. ebenso erlebt hast. Ich finde, es macht das Loslassen leichter, weil man gute Erinnerungen hat. Ich wünsche dir Kraft, damit das Loslassen gelingt.
    Ich freue mich, dass du so zuversichtlich bist, dass es ein schönes Wochenende wird.
    Genau dieses wünsche ich dir von Herzen.
    Die Mira

    Antworten
  7. Carolyn Flickensalat

    Hallo Andrea,
    loslassen schmerzt immer, vor allem, wenn man an etwas sehr hängt. Du hast viele positive Erinnerungen, die machen den Schmerz über den Verlust größer, können aber auch beim Verarbeiten der Situation helfen. Dafür wünsche ich dir Kraft. Genieße das Wochenende und lass dich auf andere Gedanken bringen.
    Liebe Grüße Carolyn

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert